Digitale Währungen gelten als das „Geld der Zukunft“ und eine der wichtigsten Anwendungen im System der Blockchain-Technologie im Finanzsektor. Zu den zentralen Treibern dieser Revolution zählen unter anderem die Finanzkrise und die immer weiter zunehmende Digitalisierung. Durch die Finanzkrise wurde das Vertrauen in die Akteure des traditionellen Geldsystems (u.a. Zentralbanken, Geschäftsbanken und der Staat) stark geschwächt. Der Mangel an Vertrauen führt zu einer Suche und Weiterentwicklung der Alternativen zum traditionellen Geldsystem. Kryptowährungen gelten als solch eine Alternative zum klassischen Fiatgeld und sollen den Zahlungsverkehr erleichtern.
Digitale Währungen sind für Finanzmarktteilnehmer aus vielerlei Gründen attraktiv. Ein großer Vorteil der neuen Währungsart ist, dass sie grundsätzlich für jedermann zugänglich ist. Niemand wird aufgrund von Bonitätsmerkmalen oder sonstigen Ereignissen der Vergangenheit vom Finanzsystem ausgeschlossen. Der Zugang zum Kryptomarkt ist nicht nur für jeden möglich, sondern zeichnet sich auch durch eine sofortige Abwicklung von Transaktionen aus. Während klassische Transaktionen häufig zeitaufwendig und mit Verzögerungen verbunden sind, erfolgen diese Transaktionen ohne Dritte und werden meist innerhalb weniger Sekunden oder Minuten durchgeführt. Zur Zeitersparnis kommt die Kostenersparnis ergänzend hinzu. Neben einer verbesserten Gebührenstruktur entfällt die Entlohnung von Mittelsmännern wie bspw. Banken. Ein weiterer wahrgenommener Nutzen des neuen Währungsmarktes ist die vorherrschende Anonymität. Häufig wird der Begriff Anonymität mit Kriminalität in Verbindung gebracht. Diese Verbindung lässt sich nicht vollständig ausschließen. Jedoch bedeutet Anonymität auch Chancengleichheit und bietet mehr Datenschutz hinsichtlich der eigenen Personen- und Kontendaten.
Grundsätzlich ermöglichen Kryptowährungen einen bargeldlosen Zahlungsverkehr ohne Abhängigkeit, Aufsicht oder Mitwirkung von Banken und Behörden. Diese Dezentralisierung bedeutet die Schaffung eines digitalen Zahlungsverkehrs ohne zentrale Verwaltungen und verhindert, dass Banken oder Regierungen den Kurs steuern können. Die Unabhängigkeit von Regierungsbehörden stößt jedoch bei vielen Marktteilnehmern auf Unsicherheit und Skepsis. Bereits im Jahre 2017 forderte Exekutiv-Vizepräsident Dombrovskis die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) in einem Schreiben dazu auf, Anleger besser über Risiken aufzuklären. Auslöser hierfür war ein massiver Anstieg der Marktkapitalisierung von Kryptowerten.
Es äußern sich immer häufiger kritische Stimmen zu einer fehlenden Regulatorik in diesem Bereich der Finanzwelt. Bei den Notenbanken und auch auf der Regierungsebene wachsen Zweifel und Widerstände. Im Januar 2021 äußerte EZB Chefin Christine Lagarde ihren Verdacht, dass Bitcoin, die erste und marktstärkste Kryptowährung, für Geldwäschezwecke genutzt werde. Diese Vermutung äußerte ebenso US-Finanzministerin Janet Yellen. Auf Ankündigungen zur Regulatorik von Kryptowährungen reagierte der Bitcoin-Kurs in der Vergangenheit mit starken Kursrückgängen. Einen nachhaltigen Einfluss auf den Preis der Kryptowährung hatten vergangene Maßnahmen in zahlreichen Ländern jedoch nicht.
Die Regierung steht mit der Regulierung von Kryptowährungen vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Das System der Blockchain-Technologie erschwert den Eingriff in den Handel mit Kryptowährung immens. Es ist beispielsweise möglich sich der Zugriffsmöglichkeit des Staates vollständig zu entziehen, indem man die digitale Währung in einem sogenannten Hardware Wallet, wie einem USB-Stick, aufbewahrt. Zudem ist eine Blockchain-Technologie so verzweigt, dass die Übernahme der Server, auf der eine Blockchain gespeichert ist, kaum möglich ist. Für nähere Infos zum Thema Blockchain verweise ich auf den Blogbeitrag „Blockchain: eine lohnende Investition für Ihren technischen Schmuckkasten?“.
Im Rahmen des FinTech-Aktionsplans von 2018, in dem Antworten auf die Herausforderungen durch den digitalen Wandel im Finanzsektor gefunden werden sollen, wurde nach Mandatserteilung durch die EBA und die ESMA geprüft, inwieweit der bestehende EU-Regulierungsrahmen für Finanzdienstleistungen auch auf Kryptowährungen Anwendung findet. Hierbei wurde festgestellt, dass einige Kryptowerte in den Anwendungsbereich der EU-Rechtsvorschriften fallen, deren wirksame Anwendung jedoch häufig mit Schwierigkeiten verbunden ist. Der Großteil der digitalen Währungen fällt hingegen nicht in den EU-Regulierungsrahmen, was zu einer Vielzahl von Risiken führt. Diese Risiken sollen im Rahmen der sogenannten Markets in Crypto-Assets-Verordnung (MiCA-Verordnung) gemindert werden.
Bislang stellt der Markt der Kryptowährung noch keine Bedrohung für die Finanzstabilität dar. Seit der Entstehung einer neuen Untergruppe von Kryptowerten, den sogenannten „stable coins“, sehen Behörden diese Stabilität jedoch als gefährdet an, da diese globalen stable coins, eine breitere Anwendung als bisher finden. Dies liegt daran, dass in dieser neuen Art von Kryptowerten Wertstabilisierungsmerkmale integriert wurden und Netzwerkeffekte genutzt werden. Aufgrund dieser Entwicklungen im Markt der digitalen Währungen betonte die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, dass ein mit den Mitgliedsstaaten abgestimmtes Konzept in puncto Kryptowerte notwendig ist, um Chancen bestmöglich nutzen zu können und möglichen Risiken vorbeugen zu können. Im Dezember 2019 verkündeten Rat und Kommission gemeinsam, dass ein regulatorischer Rahmen für Kryptowerte, die nicht unter den Anwendungsbereich der bestehenden EU-Rechtvorschriften fallen, geschaffen werden muss. Dadurch soll der Handel von Kryptowerten nicht unterbunden werden, sondern ein Rahmen geschaffen werden, durch den es möglich ist, die Chancen und Möglichkeiten von digitaler Währung bestmöglich zu nutzen.
Ein erster Schritt in Richtung einer Regulierung von Kryptowährung wurde Ende September 2020 mit dem Entwurf der MiCA-Verordnung über Märkte für Kryptowährung gemacht. Hierbei ist zu betonen, dass es sich bisher lediglich um einen Vorschlag für eine Verordnung in diesem Bereich handelt und nicht um eine bereits durchgesetzte Verordnung zur Regulierung dieses Marktes. Durch diese Verordnung versucht die Kommission ein Gleichgewicht zwischen einer Regulierung und Innovationsförderung zu finden. Ein großes vorherrschendes Problem in der Regulatorik von Kryptowerten ist die fehlende Harmonisierung zwischen den Mitgliedern der Europäischen Union. Während Deutschland bereits Regelungen zur Verwahrung von Kryptowerten erlassen hat, haben andere Länder bislang gar keine oder nur sehr wenige Vorschriften eingeführt. Diese fehlende Harmonisierung erschwert den Aufbau eines starken und einheitlichen europäischen Marktes.
Ziel der MiCA-Verordnung ist es, Transparenz- und Offenlegungsanforderungen für die Ausgabe sowie den Handel von Kryptowährungen einheitlich zu regeln. Zudem sollen die Anbieter von Krypto-Dienstleistungenund die Emittenten von E-Geld-Token stärker überwacht werden und Regelungen zur Zulassung von Kryptowerten getroffen werden. Neben dieser Kontrolle und Überwachung sollen auch die Verbraucher durch die MiCA-Verordnung geschützt werden, indem Verbraucherschutzvorschriften für die Ausgabe, den Handel, den Austausch und die Verwahrung von Kryptowerten in die Verordnung integriert werden. Auch der bereits erwähnte Aspekt des möglichen Marktmissbrauchs soll in der MiCA-Verordnung berücksichtigt werden und somit gewährleisten, Kryptowerte erfolgreich in den Markt zu integrieren.
Zusammenfassend verfolgt die MiCA-Verordnung somit die folgenden allgemeinen und miteinander zusammenhängenden Ziele:
- Rechtssicherheit
- Förderung der Innovation
- Verbraucher- und Anlegerschutz
- Finanzstabilität
Die MiCA-Verordnung ist vereinfacht folgendermaßen aufgebaut:
Es ist davon auszugehen, dass die MiCA-Verordnung in frühestens zwei Jahren rechtskräftig wird und bis dahin weitere Veränderungen am bisherigen Entwurf vorgenommen werden können. Abschließend kann diese Verordnung als ein erster Schritt in Richtung der Regulierung von Kryptowährungen angesehen werden, welcher bereits nach jetzigem Stand einen einheitlichen regulatorischen Rahmen darstellt. Bis zur Verabschiedung der finalen Fassung ist damit zu rechnen, dass noch weitere Jahre verstreichen und vorhandene juristische Unklarheiten beseitigt werden. Zudem können sich im Laufe der Jahre die Marktgegebenheiten verändern, wodurch neue Chancen und Herausforderungen entstehen.