Vor 2,5 Jahren haben wir in unserem Blogartikel MiCa-Verordnung - Ein erster Entwurf zur Regulierung von Kryptowährungen über den Entwurf zur MiCA-Verordnung berichtet. Heute möchten wir das Thema erneut aufgreifen, da die Verordnung in mehreren Etappen aktiv wird und damit einen klaren rechtlichen Rahmen für Kryptowerte in Europa schafft.
Was ist MiCAR?
MiCAR ist ein europäisches Rahmenwerk, das den Umgang mit Kryptowerten regelt. Es definiert, was Kryptowerte sind und was unter Dienstleistungen, die mit Kryptowerten in Zusammenhang stehen, zu verstehen ist.
Die Verordnung beschreibt die Anforderungen an Transparenz- und Offenlegungspflichten für die Emission, Zulassung und den Handel mit Kryptowerten. Sie legt auch die Anforderungen für die Zulassung und Beaufsichtigung von Dienstleistungen fest und definiert vermögensreferenzierte Token, E-Geld-Token und sonstige Kryptowerte. Zudem werden Vorgaben für den Schutz von Investoren und Kunden beschrieben sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Insidergeschäften und Marktmanipulationen geregelt.
In Deutschland ist grundsätzlich die BaFin zusammen mit der Deutschen Bundesbank für die Aufsicht zuständig. Bei signifikanten vermögenswertreferenzierten Token geht diese Aufsicht auf die EBA über.
Die MiCAR ist weltweit die erste Verordnung ihrer Art im Kontext der Kryptowerte und Kryptowerte-Dienstleistungen und gilt für alle Mitgliedstaaten der EU.
Was ist der Anwendungsbereich?
Die MiCAR gilt für natürliche und juristische Personen sowie für bestimmte Unternehmen in der EU, die Kryptowerte emittieren oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten anbieten.
Kryptowerte werden in der MiCAR als wichtige Anwendung der Distributed-Ledger-Technologie beschrieben, die „digitale Darstellungen von Werten oder Rechten, die Marktteilnehmern wie beispielsweise Kryptowerte-Kleinanlegern erheblichen Nutzen bringen können“. Dabei wird unterschieden zwischen vermögenswertreferenzierten Token (Asset-Referenced-Token – ART), E-Geld-Token (Electronic Money Token – EMT) und anderen Kryptowerten, die weder ART noch EMT sind.
Vermögenswertreferenzierter Token
Ein vermögenswertreferenzierter Token (Asset Referenced Token – ART) ist ein Kryptowert, der eine Wertstabilität anstrebt. Diese Wertstabilität wird erreicht, indem der Token auf einen anderen Wert, ein anderes Recht oder eine Kombination von beidem referenziert. Ein solcher Wert kann eine amtliche Währung eines Landes sein.
Für die Emission von vermögenswertreferenzierten Token schreibt die MiCAR bestimmte Zulassungs- und laufende Emittentenpflichten vor. Dazu gehört unter anderem die Pflicht, eine Vermögenswertreserve zu bilden. Diese Reserve soll so zusammengesetzt und verwaltet werden, dass sie die mit dem vermögenswertreferenzierten Token verbundenen Risiken abdeckt. Außerdem muss die Reserve rechtlich getrennt vom Vermögen des Emittenten aufbewahrt werden, sodass die Gläubiger des Emittenten im Falle einer Insolvenz keinen Zugriff auf diese Reserven haben. Zudem muss auch ein Stabilisierungsmechanismus für den Token definiert werden. Dies umfasst unter anderem die genaue Zusammensetzung des Tokens, eine Bewertung der Risiken, einen Plan für die Emission und den Rücktausch der Token. Für das Angebot und die Zulassung zum Handel auf einer Handelsplattform ist eine erteilte Zulassung durch eine Aufsichtsbehörde notwendig. Zusätzlich muss der Emittent einen Sitz in der EU haben. Im Rahmen des Zulassungsprozesses ist ein Whitepaper zu veröffentlichen, das Informationen über den Anbieter, den Emittenten, den Betreiber der Handelsplattform, den Kryptowert und die damit verknüpften Rechte und Pflichten, die zugrunde liegenden Technologien und die Risiken enthält. Wird die Zulassung erteilt, gilt das Whitepaper als genehmigt.
Unter bestimmten Bedingungen wird von der Zulassungspflicht abgesehen. Dies ist der Fall, wenn der vermögenswertreferenzierte Token über einen Zeitraum von zwölf Monaten einen durchschnittlich ausstehenden Wert von 5.000.000 € oder den Gegenwert in einer anderen Währung nicht übersteigt oder der vermögenswertreferenzierte Token ausschließlich an qualifizierte Anleger gerichtet und nur von diesen gehalten werden können. Zu den qualifizierten Anlegern gehören unter anderem Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Versicherungsgesellschaften, Pensionsfonds, institutionelle Anleger, große Unternehmen mit einer Bilanzsumme von über 20 Mio €, Nettoumsatz über 40 Mio € oder Eigenmittel über 2 Mio €, Regierungen und Zentralbanken.
E-Geld-Token
Ein E-Geld-Token (E-Money Token – EMT) ist ein Kryptowert, der sich auf eine amtliche Währung bezieht und darüber eine gewisse Wertstabilität erreichen soll.
Die Emission von E-Geld-Token darf nur von einem CRR-Kreditinstitut oder einem Institut durchgeführt werden, das als E-Geld-Institut zugelassen ist. Dieses Institut muss der zuständigen Behörde ein Whitepaper vorlegen und es ebenfalls veröffentlichen.
Beim Kauf von E-Geld-Token erwirbt der Inhaber einen Forderungsanspruch gegenüber dem Emittenten. Dies bedeutet, dass der Inhaber das Recht hat, vom Emittenten den monetären Wert des Tokens zum Nennwert zurückzuerhalten.
Utility-Token
Im Gegensatz zu vermögenswertreferenzierten Token oder E-Geld-Token wird bei Utility-Token keine Wertstabilität angestrebt. Stattdessen ist dieser Kryptowert dazu bestimmt, einen Zugang zu einer Ware oder Dienstleistung zu ermöglichen. Sie ähnelt also einem Gutschein, der einen schuldrechtlichen Anspruch auf die Nutzung der vorher definierten Produkte oder Dienstleistungen gewährleistet.
Kryptowert-Dienstleistungen
Für Kryptowert-Dienstleistungen gibt es ebenfalls eine Aufzählung in der MiCAR, was genau unter diesem Begriff fällt. Dazu gehören unter anderem:
- Die sichere Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden
- Der Betrieb einer Handelsplattform für Kryptowerte, die die Kauf- und Verkaufsinteressenten zusammenbringt und den Handel von Kryptowerten gegen Geld oder andere Kryptowerte ermöglicht
- Die Annahme von Aufträgen zum Kauf oder Verkauf von Kryptowerten für Kunden sowie die Übermittlung des Auftrags an eine Dritte Partei zur Ausführung
- Die Vermarktung von Kryptowerten an potenzielle Käufer
- Die Beratung zu Kryptowerten
- Die Verwaltung von Portfolios mit Kryptowerten
Anbieter von Dienstleistungen im Bereich Kryptowerte müssen ihren Sitz in der EU haben und von den zuständigen Aufsichtsbehörden zugelassen sein.
Vorteile von MiCAR
Die MiCAR ist die weltweit erste Verordnung dieser Art, die einen rechtssicheren Rahmen schafft und klare Regelungen für Aufsichtsbehörden definiert. Sie schafft mehr Transparenz und erhöht zusammen mit den Regulierungsbehörden die finanzielle Stabilität der Märkte sowie den Schutz der Anleger.
Regulatorik wird auf Banken- und Finanzdienstleisterseite häufig als bürokratischer Zwang betrachtet, den man zusätzlich zu den bestehenden Aufgaben übernehmen muss. Folgender Blickwinkel scheint jedoch sehr vorteilhaft zu sein: Bisher war der Handel mit Kryptowerten ein unregulierter und unsicherer Raum, der von vielen großen Institutionen, Banken und Privatanlegern gemieden wurde. Mit dem Inkrafttreten der MiCAR ändert sich dies nun. Dank des sicheren Rechtsrahmens werden nun nach und nach immer mehr große Institutionen wie Banken, Versicherungen, Hedgefonds und Pensionskassen am Markt tätig werden, in Kryptowerte investieren und vermehrt Dienstleistungen in diesem Bereich anbieten.
Wann tritt was in Kraft?
Die in der MiCAR definierten Regelungen treten zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft:
- Ab dem 30.06.2023 gelten die Regelungen für vermögenswertreferenzierte Kryptowerte. Diese sind in Titel III und IV der MiCAR beschrieben.
- Für Kryptowerte-Dienstleister treten die Regelungen der MiCAR ab dem 30.12.2024. in Kraft.
Die EU-Wertpapieraufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA) und die EU-Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority – EBA) arbeiten parallel dazu technische Regulierungsstandards, Implementierungsstandards und Leitlinien aus, die die Anwendung von MiCA weiter konkretisieren.