Stell dir vor, du könntest in die Haut eines erfahrenen Börsenexperten schlüpfen, der mit Leichtigkeit Aktien kauft und verkauft, Anleihen bewertet und auf dem turbulenten Markt kluge Entscheidungen trifft. Doch wenn man sich noch nicht mit der Thematik befasst hat, weiß man leider nichts mit diesen Begrifflichkeiten anzufangen. Dabei kann genau dieses Wissen essenziell dafür sein, sein Vermögen aufzubauen, um im Alter nicht nur auf die gesetzliche Rente angewiesen zu sein.

Wie kann man das Wissen möglichst gut und auch zielführend vermitteln, sodass es auch einen langfristigen Effekt hat und die Leute sich aktiv mit dem Thema beschäftigen?

Mit dieser Fragestellung haben wir uns beschäftigt und die Antwort darauf lag schnell auf der Hand: spielerisch! Mit dem Börsenspiel der F.A.Z. war auch eine Plattform gefunden, mit dem die Durchführung stattfinden konnte. Von Teilnehmenden ohne Vorkenntnisse bis zum erfahrenen Investor nahmen insgesamt 20 Personen teil, um am Ende zum Börsenprofi gekürt zu werden. Um möglichst gleiche Voraussetzungen für alle zu schaffen, gab es zunächst eine Einführung in die Thematik. Was ist die Börse, welche Anlagestrategien gibt es, wie man kann Wertpapiere an der Börse handeln und welche Finanzprodukte gibt es überhaupt? Um einen guten Einstieg zu ermöglichen, wurden die Grundlagen zum Thema Börse und der Umgang mit dem virtuellen Depot vermittelt sowie Aktien und ETFs vorgestellt und für den Kauf freigegeben.

Wiener Börse AKOS STILLER komprimiert

Los ging es am 05.09.2022 mit einem virtuellen Startkapital von 50.000 €. Es wurde fleißig am Aktienmarkt investiert und sich untereinander über die getätigten Investments ausgetauscht. Auf diese Weise konnten sich die Teilnehmenden mit Aktien und ETFs beschäftigen und erste Erfahrungen auf dem Finanzmarkt sammeln. Mit der Zeit wurden dann auch nach und nach Anleihen, Rohstoffe, Zertifikate und Optionen vorgestellt und zum Handel freigegeben. Mit diesen Papieren konnten die Teilnehmenden ihr gesammeltes Wissen vertiefen und weitere Erfahrungen in der Geldanlage sammeln.

Mit dem erworbenen Wissen konnten wir nun in den gemeinsamen Austausch gehen. Insbesondere mit vielen wissbegierigen und diskussionsfreudigen Teilnehmenden macht dies besonders Spaß! Daher organisierten wir insgesamt drei Termine, sogenannte Panel, in denen verschiedene Themen vorgestellt wurden und wir uns ausgiebig über diese austauschten.

Im ersten Panel wurden neben der Vorstellung der Finanzprodukte, Anleihen und Rohstoffe, auch verschiedene Anlagestrategien diskutiert. Dabei wurden sowohl aktive als auch passive Ansätze erörtert, darunter die "Buy-and-Hold"-Strategie, die "antizyklische Anlagestrategie", die "Dividendenstrategie" und die "Value at Risk"-Methode.

Die "Buy-and-Hold"-Strategie ist eine passive Anlagestrategie, bei der Anleger:innen ein Portfolio von Aktien oder anderen Vermögenswerten zusammenstellen und diese über einen langen Zeitraum halten, um von langfristigen Markttrends und Dividendenzahlungen zu profitieren.

Die "antizyklische Anlagestrategie" hingegen ist eine aktive Anlagestrategie, bei der Anleger:innen entgegen der am Markt vorherrschenden Meinung anlegen, d. h. z. B. Aktien kaufen, die aktuell von vielen Investoren verkauft werden und deren Kurse dementsprechend gefallen sind. Bei dieser Strategie nimmt man an, dass der Markt oft in Krisen überreagiert und man auf diese Weise durch einen günstigen Einkauf kurz- bis mittelfristige Gewinne erwirtschaften kann. Beispiele für antizyklische Investments wären Aktien von Herstellern von Konsumgütern oder Nahrungsmitteln – z. B. Unilever.  Tendenziell kann man sagen, dass mittels der antizyklischen Strategie defensivere Aktien im Portfolio übergewichtet werden, um konjunkturelle Auswirkungen zu mindern

Die dritte Strategie, die „Dividendenstrategie“, konzentriert sich darauf, in Unternehmen mit einer hohen Dividendenrendite zu investieren, um regelmäßige Einnahmen zu generieren. Zuletzt wird die "Value at Risk"-Methode verwendet, um das Risiko einer Anlage durch die Schätzung potenzieller Verluste in einer bestimmten Zeitspanne zu messen.

Im zweiten Panel wurden neben der Vorstellung des neuen Wertpapiers "Zertifikate" auch aktuelle Entwicklungen auf den Märkten diskutiert. In einem lebhaften Austausch wurden insbesondere Themen wie "Inflation" sowie die Auswirkungen des "Zinsniveaus" und der "Leitzinsanpassungen" besprochen.

Die Inflation beschreibt die allgemeine Preissteigerung von Waren und Dienstleistungen über einen bestimmten Zeitraum. Eine höhere Inflation bedeutet, dass die Kaufkraft einer Volkswirtschaft abnimmt und die Preise für Waren und Dienstleistungen ansteigen. Dies kann sich auf verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Rohstoffe auswirken.

Das Zinsniveau und die Leitzinsanpassungen haben ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Das Zinsniveau beschreibt den gewogenen Durchschnitt aller relevanten Zinssätze (EURIBOR, LIBOR, Leitzins der FED/EZB etc.) innerhalb einer bestimmten Zeit. Auf Basis der Leitzinsen passen Kapitalgeber wie Banken i.d.R. die Kreditzinsen an. Beispiel: Kursrückgang der Tech-Aktien aufgrund von gestiegenen Zinsen und somit gestiegenen Fremdkapitalkosten, welche den Barwert erwarteter Gewinne und somit den Kurs senken. Ein höherer Zinssatz geht in der Regel mit höheren Zinszahlungen für Kredite und geringeren Ausgaben durch Kreditnehmer einher. Leitzinsanpassungen sind eine Strategie, die von Zentralbanken verwendet werden, um das Wirtschaftswachstum zu beeinflussen. Höhere Zinsen verringern die Geldmenge im Umlauf und „zwingen“ eine Volkswirtschaft zum Sparen. Umgekehrt steigen Investitionen in Niedrigzinsphasen, da „Geld“ günstiger zu beschaffen ist

Nach dem zweiten Panel fand eine Challenge statt, um die Teilnehmenden zu motivieren, weiteres Kapital zu investieren. Ziel war es in acht 2er-Teams mit 1.000 € Budget je Teilnehmenden den maximalen Gewinn zu erzielen. Den 1. Platz sicherte sich ein Team mit einem Gewinn von 191,20 €, was einer Rendite von 9,56 % innerhalb von 16 Tagen entspricht. Im Anschluss an diese Challenge, nach etwa der Hälfte der Zeit, wurde unsere Herbstmeisterin gekürt. Hierbei zählte sowohl die Platzierung in der Rangliste als auch die Volatilität für die Wertung. Das dritte und letzte Panel befasste sich mit dem Produkt "Optionen" und verschiedenen Entnahmestrategien aus einem Depot. Hier wurden beispielsweise die 4%-Regel und dynamische Entnahmestrategien diskutiert. Es wurden auch Strategien ohne Kapitalverzehr vorgestellt.

Planspiel Börse Rudzhan iStockEntnahmestrategien beziehen sich darauf, wie Anleger:innen ihr angespartes Vermögen oder Erträge aus ihren Anlagen entnehmen, um ihre Ausgaben während des Ruhestands zu decken. Die 4 %-Regel ist eine bekannte Strategie, bei der Anleger:innen jedes Jahr 4 % ihres Portfolios entnehmen, um ihren Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Dynamische Entnahmestrategien passen die Entnahme von Kapital an die sich ändernden Marktbedingungen an, um das Risiko von Verlusten zu minimieren. Entnahmestrategien ohne Kapitalverzehr sind Strategien, bei denen kein Kapital entnommen wird, um sicherzustellen, dass das Vermögen erhalten bleibt. Stattdessen werden Erträge aus Dividenden, Zinsen oder anderen Einkommensquellen zur Deckung der Ausgaben genutzt. Dies kann dazu beitragen, das Vermögen länger zu erhalten und es für künftige Generationen zu sichern.

Am 15.03.2023 – nach 6 Monaten und 10 Tagen - war es dann so weit. Das Ende des Planspiels war erreicht und der Börsenprofi konnte gekürt werden. Hier zählte in die Wertung, wie bei der Ermittlung der Herbstmeisterin, nicht nur die Rangliste, sondern auch die Volatilität. Am Ende war das Planspiel ein voller Erfolg. Spielerisch konnten wir dieses wichtige und vielfältige Themengebiet gemeinsam erkunden und so unser Wissen in der Finanzanlage weiter auf- und ausbauen.

Autor:in: Doreen Wangard und Michael Ryu
Doreen Wangard ist als Senior Beraterin bei der BBHT Beratungsgesellschaft tätig. Ihre langjährigen Erfahrungen in der Finanzwirtschaft, insbesondere in den Themen Bankenfusionenen, Zahlungsverkehr, Regulatorik und Controlling bringt sie als Projekt- und Testmanagerin seit April 2022 in die Projekte unserer Kunden ein. Michael Ryu ist als Business Analyst bei der BBHT Beratungsgesellschaft tätig. Seine Kenntnisse in der Finanzbranche und analytischen Fähigkeiten bringt er seit 2019 in die Projekte unserer Kunden ein.

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Wir möchten Licht in die aktuellen regulatorischen Anforderungen bringen.
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