Ab 2026 will die EU das Gebührenmodell „Payment for Order Flow“ (PFOF) verbieten. Darauf haben sich die EU-Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament geeinigt. Doch was versteckt sich hinter diesem Modell und wen betrifft das Verbot? Um die Thematik besser verstehen zu können, müssen wir uns zunächst einmal anschauen, was Payment for Order Flow genau ist.
Was ist Payment for Order Flow?
Bei dem Payment for Order Flow Modell werden Kauf- und Verkaufsaufträge von Anlegern für Aktien und andere Vermögenswerte wie z. B. ETFs nicht direkt an die Börse weitergeleitet, sondern an bestimmte Market-Maker oder Handelsplätze. Diese kaufen bzw. verkaufen die Wertpapiere zu den von ihnen bereitgestellten Brief- und Geldkursen an die Anleger und erwirtschaften ihren Umsatz durch die Spreads. Leitet nun ein Broker einen Auftrag an einen Market-Maker weiter, so erhält er im Gegenzug eine Zahlung für diesen Auftrag. Dies nennt sich Payment for Order Flow.
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Was ist der Briefkurs, Geldkurs und Spread?
Der Briefkurs ist der Kurs, zu dem ein Verkäufer bereits ist, ein bestimmtes Finanzinstrument zu verkaufen. Dieser Preis wird von der Verkaufsseite für das Wertpapier festgelegt Dem gegenüber steht der Geldkurs, der angibt, zu welchem Kurs der Anleger bereit ist zu kaufen. Die Differenz zwischen dem Brief- und dem Geldkurs wird Spread genannt.
Wer oder was ist ein Market-Maker?
Nicht zu jeder Zeit ist jedes Wertpapier gleich stark gefragt. Phasen von hohen oder geringen Angeboten und Nachfragen gehören zum normalen Börsenalltag dazu. Um mögliche Liquiditätsengpässe zu vermeiden, werden in viele Börsen und Handelsplätzen Market-Maker eingesetzt. Market-Maker sind ebenfalls Marktteilnehmer an der Börse, bei denen es sich aufgrund des hohen Volumens meist um große Finanzinstitute, Banken oder spezialisierte Handelsfirmen handelt. Für jeden Wertpapierhandel wird selbstverständlich immer ein Käufer und ein Verkäufer benötigt. Für den Fall, dass ein entsprechender Käufer oder Verkäufer gerade nicht vorhanden ist, wird ein Market-Maker aktiv und nimmt die benötigte Position ein. Ohne ihn müsste der Käufer bzw. Verkäufer so lange warten, bis es eine entsprechende Gegenpartei gibt, was bei handelsschwachen Zeiten oder Nebenwerten dauern kann. Auf diese Weise sorgen sie für Liquidität. Zusätzlich müssen sie fortlaufend Brief- und Geldkurse für die Wertpapiere zur Verfügung stellen, zu denen sie diese Wertpapiere kaufen bzw. verkaufen. Über den Spread verdienen sie ihr Geld.
Warum lohnt sich Payment for Order Flow?
Viele Broker, darunter insbesondere Neobroker wie z. B. Scalable Capital oder Trade Republic, kooperieren mit bestimmten Handelsplätzen. Dies können mehrere Handelsplätze sein, teilweise ist es auch nur ein Einziger. Scalable Capital bietet aktuell zwei Handelsplätze an, nämlich gettex und Xetra. Trade Republic z. B. handelt ausschließlich über Lang & Schwarz. Bei den Handelsplätzen gettex und Lang & Schwarz handelt es sich um Market-Maker. Die Kauf- und Verkaufsaufträge werden an die Market-Maker weitergeleitet. Diese kaufen und verkaufen die entsprechenden Wertpapiere und verdienen ihr Geld über den Spread. Je größer der Spread ist, desto mehr verdienen sie pro Order und Volumen. Einen Teil dieser Marge gibt sie an den Broker weiter, der ihr die Order vermittelt hat (PFOF). Diese Kosteninformationen kann man bei den Brokern nachlesen. Beispiel: Bei einem Kauf des iShares MSCI World ETFs mit einem Gesamtbetrag von 100 € bei Trade Republic finden sich unter den Kosteninformationen der Punkt „Zahlungen von Dritten an die Bank“. Dort ist aufgeführt, dass Trade Republic von Dritten (in diesem Fall Lang & Schwarz) für diese Order voraussichtliche Zuwendungen in Höhe von 4,50 € (4,5 %) erhält. Hierbei handelt es sich um die Vergütung über das PFOF-System. Die Höhe der Zahlung kann allerdings je nach Broker, Handelsvolumen und Wertpapier variieren. Diese Zusatzeinnahmen sind ein Grund dafür, dass die Broker ihre Tradinggebühren so weit absenken konnten, dass es mittlerweile kostenlose Sparpläne oder Aktienkäufe für 1 € gibt. Für viele Broker machen diese Rückvergütungen den Großteil ihres Umsatzes aus.
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Was sind Gründe für das Verbot?
Die EU befürchtet einen Interessenskonflikt und argumentiert mit dem Verbraucherschutz. Denn Broker könnten sich für einen einzigen Handelsplatz entscheiden und zwar für diesen, der ihnen die höchste Rückvergütung einbringt. D. h. die Aufträge der Kunden werden nicht dort ausgeführt, wo es den besten Kurs für den Kunden gibt. Auf der anderen Seite hätten die Handelsplätze dann auch keinen Anreiz mehr, den besten Kurs anzubieten, da sie die Aufträge sowieso durch ihre Kooperationspartner zugespielt bekommen würden. Daher befürchtet das Europäische Parlament suboptimale Handelsbedingungen und wolle die Anleger davor schützen.
Was sind Gründe gegen das Verbot?
Vor allem Broker, kleine Handelsplätze und Regionalbörsen profitieren vom PFOF-System. Der Vorwurf geht in Richtung Xetra und Euronext, dass diese eine gewisse Marktmacht der jungen Handelsplätze befürchten und diese daher aus dem Markt drängen möchten. Die wegfallenden Einnahmen könnten in der Konsequenz auch zu höheren Transaktionskosten für den Anleger führen und somit auch die Hürden für Kleinanleger vergrößern.
Was sagt die aktuelle Studienlage?
Es gibt verschiedene Studien, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben. Eine davon kommt direkt von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Sie hat 2022 untersucht, ob es für private Anleger Vor- oder Nachteile hat, wenn diese ihre Wertpapieraufträge für deutsche Aktien über Handelsplätze ausgeführt werden, die das PFOF-System anwenden. Für diese Studie hat die BaFin die PFOF-relevanten Handelsplätze Tradegate Exchange, Lang & Schwarz Exchange, Quotrix und gettex untersucht. Auf diesen Handelsplätzen wurden knapp 30 % aller Transaktionen in deutsche Aktien berücksichtigt. Dies sind die Aktien, für die die BaFin die zuständige Aufsichtsbehörde ist. Das Ergebnis der Studie war differenziert. Bei kleineren Beträgen insbesondere bei Transaktionsvolumina bis 2.000 € in DAX-Aktien und bis 500 € in Nicht-DAX-Aktien sind die PFOF-Handelsplätze vorteilhaft für Anleger.
Grundsätzlich teilt die BaFin die Bedenken der EU bzgl. der Interessenskonflikte, fordert jedoch: „Vor einem Verbot von Payment for Order Flow sollten wir Aufseher die Auswirkungen umfassend analysieren und über weniger restriktive regulatorische Maßnahmen nachdenken“.
Wird das Investieren für den Kleinanleger nun teurer?
Dies lässt sich nicht so einfach beantworten. Bis 2026 gibt es noch die Möglichkeit, von dem PFOF-System zu profitieren. Bis dahin haben die Anbieter Zeit, ihr Geschäftsmodell weiter auszubauen, um die in Zukunft fehlenden Einnahmen zu kompensieren. Möglich wären spezielle Abomodelle oder Flatrates zum Handeln sowie weitere Zinsangebote. Ob sich das Verbot von PFOF negativ auf die Transaktionskosten für kleinere Transaktionsvolumina auswirken wird, wird man erst im Jahr 2026 feststellen können.
Fazit
Ob das generelle Verbot der richtige Weg ist, darf bezweifelt werden. Auch die BaFin lehnt ein pauschales Verbot ab.
Anstatt eines Verbots könnte man die Anleger auch mit mehr Transparenz schützen. Denn schlechte Kurse und erhöhte Spreads finden sich bei einer Transaktion außerhalb der Handelszeiten der Referenzbörsen. Trade Republic z. B. ist mit der Börse Lang & Schwarz an die Referenzbörse Xetra gebunden. D. h. während der Handelszeiten zwischen 9:00 – 17:00 Uhr erhält der Anleger faire Kurse und kleine Spreads. Allerdings ist der Handel auch außerhalb dieser Zeiten außerbörslich möglich. Dann ist es allerdings etwas teuer, da sich die Market-Maker gegenüber Schwankungen absichern müssen, die bis zum nächsten Handelstag entstehen können.
Mit einem gezielten Wissensaufbau der Anleger und genügend Transparenz durch die Anbieter lassen sich solche Mehrkosten vermeiden und die Anleger auch ohne Verbot schützen.